Rede zum Haushalt 2023 der Gemeinde Kriftel

Finanzen

In der Sitzung der Gemeindevertretung am 09.02.2023 hat unsere Fraktionsvorsitzende Regina Vischer die folgende Rede zum Haushalt 2023 der Gemeinde Kriftel gehalten:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,

wir leben in schwierigen Zeiten. Corona ist in diesem Jahr nicht mehr vorrangiges Thema, sondern der Krieg in der Ukraine mit seinen Auswirkungen. Eine wahre Zeitenwende: es ist wieder Krieg in Europa und es kommen zusätzlich zahlreiche Kriegsflüchtlinge zu uns, die eine Unterkunft brauchen. Zudem verschärft sich der Klimawandel immer mehr und nicht nur uns GRÜNEN reichen die bereits ergriffenen Maßnahmen bei weitem nicht aus. Die Abhängigkeit von Gas aus Russland, hat uns eine Energiekrise beschert. Gas und Öl und in Folge auch der Strom sind sehr knapp und teuer geworden. Alle Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen Energie einzusparen. Kohle und Gas werden wieder vermehrt bei der Stromerzeugung eingesetzt. Die Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien sind zwar auch vorangekommen, aber nicht genug. Die noch laufenden Atomkraftwerke gehen in die Verlängerung bis April diesen Jahres. Der Sommer 2022 war einer der heißesten seit Einführung der Wetteraufzeichnungen. Wasser wurde knapp, Wälder brannten. Dem Wald geht es aufgrund des Wassermangels so schlecht wie nie zuvor. Was nicht verbrannt ist, stirbt ab. Ich frage mich, was noch passieren muss, damit wir wirklich alle Möglichkeiten der CO2-Reduzierung nutzen. Es ist uns GRÜNEN völlig unbegreiflich, warum es noch kein Tempolimit auf unseren Straßen gibt, wo doch laut Umfragen eine Mehrheit der Bevölkerung dies befürwortet. Der Ausbau von Radwegen und der öffentliche Nahverkehr geht nur schleppend voran. In Kriftel gibt es bis heute noch keinen Radweg, der diesen Namen laut Richtlinie verdient. Und ein Nachfolger für ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket lässt auch noch auf sich warten.

Neben den Umweltproblemen gibt es noch ein weiteres Problem, nämlich den Fachkräftemangel, der sich in allen Bereichen deutlich bemerkbar macht. Es fehlen unter anderem Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, das Handwerk klagt, in den Verwaltungen bleiben Stellen unbesetzt und die Baubranche hat nicht allein mit Fachkräftemangel zu kämpfen sondern auch mit steigenden Zinsen. Wohnungsbauunternehmen stoppen ihre Bauvorhaben und warten auf Besserung. Und das, wo die Wohnungsnot nicht nur aufgrund des Zuzugs ganz besonders groß ist. Es fehlen bezahlbare Wohnungen. Kriftel hat hier einige zu bieten und an der Raiffeisenstraße kommen in diesem Jahr weitere hinzu, aber viele Wünsche nach bezahlbarem Wohnraum bleiben unerfüllt. Das Bauvorhaben Krifteler Wäldchen kommt nur schleppend voran aber wir hoffen, dass es dennoch bald losgehen kann.

In Kriftel gibt es einen Maßnahmenstau, an dem nicht nur die allgemeine Lage sondern auch Personalmangel bei der Gemeinde schuld ist. Viele anstehende Maßnahmen konnten nicht wie geplant ausgeführt werden. Im Haushalt 2023 sind in der vorgelegten Version nur Maßnahmen enthalten, die bereits seit einiger Zeit anstehen. Auch wurden beschlossene Maßnahmen auf Folgejahre geschoben. Viele Prüfanträge aus den letzten Jahren sind auch noch in der Pipeline. Es sind so viele, dass in der Gemeindevertretung der Wunsch nach einer Übersicht und Priorisierung geäußert wurde. Es soll ein Antragstool getestet werden, das den Überblick und die Priorisierung erleichtern kann.

Die Haushaltssatzung weist im ordentlichen Ergebnis ein Defizit von rund 152.000 Euro aus, das aus Rücklagen ausgeglichen werden kann. Der Rücklagenstand beträgt rund 4,5 Millionen Euro. Der Haushalt 2023 ist somit genehmigungsfähig. Das Land Hessen hat nach einheitlichen Kriterien ein Auswertungssystem zur Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommunen festgelegt. Danach liegt Kriftel mit 90 Punkten über dem Durchschnitt der Kreiskommunen von rund 73 Punkten. Es ist also nicht zu beanstanden, dass wir in den Kommunalen Finanzausgleich eine Solidaritätsumlage von rund 130.000 € zahlen.

Die Bürgerinnen und Bürger Kriftels können sich über stabile Steuern und Gebühren freuen.

Was die Investitionen in Klimaschutz angeht, bleiben allerdings aus unserer Sicht viele Wünsche offen. Es gibt keine wirkliche Offensive, die auch Bürgerinnen und Bürger mitnimmt. Zwar wird mit dem Wohnbauprojekt an der Raiffeisenstraße ein sehr fortschrittliches Projekt verwirklicht und es gibt auch einige andere Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. Aber aus unserer Sicht gibt es kein greifbares Ziel. Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Wie kommen wir dahin? Der Klimawandel erfordert Kraftanstrengungen von allen Kommunen. Es müssen Anreize geschaffen werden, um zum Beispiel noch mehr Dächer mit Photovoltaik zu bestücken, Gebäude zu dämmen und alte Heizungen auszutauschen, das Auto stehen zu lassen und mit dem Rad oder zu Fuß die Einkäufe zu erledigen oder ins Schwimmbad zu gehen, Abfall zu vermeiden. Es gibt so viel, was getan werden kann und wir sind sicher, dass die Bürgerinnen und Bürger hier gerne mitgehen werden.

Die von Bürgermeister Seitz in seiner Haushaltsrede gelobten Anstrengungen in Sachen Radverkehr reichen uns nicht aus, um den Radverkehr in Kriftel zu Lasten des Autoverkehrs nachhaltig zu fördern. Das, was an Maßnahmen vorgesehen ist und mit beachtlichem finanziellen Einsatz (ca. 1,77 Mio €) realisiert werden soll, schafft nach unserer Meinung keinen einzigen Radweg im Sinne der Richtlinien für Radwege. Es handelt sich hier um gemeinsame Geh- und Radwege, wo zügiges Fahren aufgrund der verschiedenen Nutzenden nicht möglich sein wird. Das sollte auch so benannt werden. Auch die Wiesbadener Straße mit Verkehr in beide Richtungen ist nicht attraktiv für Radfahrende. Unsere Idee, die Wiesbadener Straße an der Unterführung mit einem Poller zu versehen, der durchgehenden Verkehr abhält und die Straße zugunsten der Sicherheit von Radfahrenden beruhigen würde stieß auf keine Gegenliebe. Eine Begehung der geplanten Wegeführung durch die Mitglieder des Planungsausschusses steht noch aus.

Wir freuen uns sehr, dass die Fraktionen sich auf die Wiedereinsetzung der Klimaschutz-AG verständigt haben und hoffen, dass jetzt mehr Tempo bei diesem Thema vorgelegt wird. Der gemeinsame Antrag für die Einstellung eines Klimamanagers ist ein erster Schritt, dem zügig weitere folgen müssen. Eine Bürgerversammlung wurde vom Vorsitzenden der Gemeindevertretung angekündigt, so dass sich unser Antrag auf eine solche erledigt hat.

Von den 20 Anträgen, die die Fraktionen eingereicht haben, wurden neun Anträge zurückgezogen oder für erledigt erklärt. Einhellig haben sich die Fraktionen zur Unterstützung der Jugendbeteiligung ausgesprochen. Drei Anträge zum Budget und Ansprechpartner wurden zusammengefasst und sollen von der Verwaltung auf rechtskonforme Umsetzung geprüft werden. Für das Engagement der Jugendlichen wurde ausdrücklich gedankt. Ein Antrag der SPD hinsichtlich eines möglichen Neubaus des Rat- und Bürgerhauses in Kombination mit einem Lebensmittelmarkt wurde abgelehnt, weil ein solches Vorhaben noch zu weit in der Zukunft liegt.

Unser Antrag nach inklusiven Spielgeräten auf Spielplätzen wurde nahezu wortgleich von der CDU gestellt und deshalb zu einem gemeinsamen Antrag zusammengefasst. Die Verwaltung trug vor, dass hier bereits Maßnahmen beim geplanten Spielplatz „Krifteler Wäldchen“ und bei der Neugestaltung des Spielplatzes „Am Mühlbach“ vorgesehen sind.

Weitere Ideen, wie die Einrichtung einer Boulderwand, die Aufstellung einer Solar-Sitzbank, die Einrichtung einer eingezäunten Hundewiese, die Aufstellung von Trinkwasserspendern und Maßnahmen zur Belebung der Ortsmitte werden mit unserer Zustimmung der Liste der vorhandenen Prüfaufträge mit unterschiedlichen Priorisierungswünschen zugeführt.

Wir freuen uns, dass für die Aufgaben des Gemeindearchivars und die Gemeindebücherei kompetente NachfolgerInnen gefunden wurden. In der Bücherei sollen in Abstimmung mit der neuen Leitung Maßnahmen geprüft werden, die das Angebot und die Öffnungszeit erweitern. Diesen Antrag haben wir gerne unterstützt. Die dafür erforderlichen Mittel soll aus dem um rund 41.000 € niedrigeren Ansatz für die Schulumlage genommen werden.

Mit der Hoffnung auf „Mehr Tempo beim Klimaschutz“ stimmt die GRÜNE Fraktion diesem Haushalt zu.

Wir bedanken uns bei der Verwaltung für die transparente Aufbereitung des Haushalts und die zur Verfügung gestellten Erläuterungen.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

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