Anfrage

Anwendung sozialer und ökologischer Kriterien bei der kommunalen Beschaffung

Gestellt am
02.05.2021

Beantwortet am
09.06.2021

Spätestens mit der Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) 2009 erlaubt das geänderte Vergaberecht öffentlichen Auftragnehmern explizit, soziale und ökologische Kriterien bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen. Damit dürfen beispielsweise Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit bei der öffentlichen Beschaffung ausgeschlossen werden. Das neue hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz von 2015 benennt verschiedene soziale, ökologische und umweltbezogene Anforderungen, die bei der Auftragsvergabe berücksichtigt werden können.
Bereits über 200 Kommunen in Deutschland haben Beschlüsse zu Sozial- und Umweltstandards gefasst und setzen damit ein Zeichen für Menschenrechte, Umweltschutz und für nachhaltige Gemeinwohlorientierung. Darunter haben auch mehrere Städte, Gemeinden und Landkreise aus Hessen ihr Beschaffungsverhalten mit Beschluss formal gebunden und sich auf die Beschaffung von Produkten unter sozialen, ökologischen und nachhaltigen Standards selbst verpflichtet, darunter z. B. der MTK und die Städte Hofheim und Kelkheim.
Wir haben dazu folgende Fragen:
1. Inwieweit erfolgt die Auftragsvergabe der Gemeindeverwaltung nach sozialen und ökologischen Kriterien?
2. Bestehen dahingehend interne Regelungen für Beschaffer:innen?
3. Werden Schulungsmaßnahmen für Beschaffer:innen angeboten und durchgeführt?
4. Wenn keine sozialen und ökologischen Kriterien angewendet werden: aus welchem Grund?
5. Bestehen Einkaufsgemeinschaften mit anderen Kommunen? Wenn nein, warum nicht?

 

Mitteilungen

Frage 1: Inwieweit erfolgt die Auftragsvergabe der Gemeindeverwaltung nach sozialen und ökologischen Kriterien?

Antwort: Auftragsvergaben erfolgen bei der Gemeindeverwaltung überwiegend aus den Bereichen der Materialverwaltung, der IT, des Hausmeister- und Feuerwehrbedarfs sowie für die Kommunalaufgaben Bauen und Wohnen. Die Anforderungen an eine Beschaffung nach wirtschaftlichen und nachvollziehbaren Kriterien sind komplex und werden durch die Anwendung sozialer und ökologischer Kriterien noch schwieriger. Es existiert kein einheitliches Siegel, an dem Kommunen sich orientieren könnten.
Deshalb werden soziale und ökologische Kriterien angewandt, wenn es nachvollziehbare Standards gibt, die umgesetzt werden können, ohne den Beschaffungsvorgang zu verkomplizieren, zu verteuern oder zu verzögern.
Dies ist zum Beispiel bei der Beschaffung von Druckerpapier der Fall, bei dem seit Jahren Papier angeschafft wird, das das Umweltzeichen „Blauer Engel“ aufweist.
Weiterhin gibt es Beispiele für ökologisches Handeln in der Beschaffung, die keinen festgelegten Kriterien folgen, jedoch trotzdem dem Umweltschutz dienen. Hier ist beispielsweise die Verlängerung der Nutzungsdauern der PCs von drei auf fünf Jahre zu nennen, womit wesentlich weniger Computerschrott entsteht. Oder auch die Anschaffung von drei Pedelecs für die Beschäftigten anstelle eines weiteren Dienstwagens. Wenn möglich werden Ersatzbeschaffungen für das Facilitymanagement sowie Pflanzen für die kommunalen Grünflächen im regionalen Umfeld eingekauft, um lange Lieferketten zu vermeiden.

 

Frage 2: Bestehen dahingehend interne Regelungen für Beschaffer:innen?

Antwort: Feststehende interne Regularien wurden nicht erlassen.

 

Frage 3: Werden Schulungsmaßnahmen für Beschaffer:innen angeboten und durchgeführt?

Antwort: Nein.

 

Frage 4: Wenn keine sozialen und ökologischen Kriterien angewendet werden: aus welchem Grund?

Antwort: Die Beschaffungskriterien sind so vielfältig wie die Beschaffungsgüter und richten sich in erster Linie nach den gesetzlich verfügten Vorgaben der Wirtschaftlichkeit. Weitere allgemeingültige Regelungen zu verfassen ist schwierig und würde die Beschaffung von Waren komplizierter, zeitaufwendiger und teurer machen.
Unter www.kompass-nachhaltigkeit.de können Beispiele für nachhaltige kommunale Beschaffungsregelungen eingesehen werden.

 

Frage 5: Bestehen Einkaufsgemeinschaften mit anderen Kommunen? Wenn nein, warum nicht?

Antwort: Für die Digitalisierung der Feuerwehren wurden vonseiten des Landes Hessen ge- meinsame Warenkörbe angelegt, mit deren Hilfe die elektronische Ausrüstung der Wehren verbessert werden konnte (z.B. Pager, Sirenen, sowie Endgeräte in den Fahrzeugen).
Ansonsten bestehen keine Einkaufsgemeinschaften mit anderen Kommunen. Der Aufwand für die Beschaffung, vor allem im Bereich des Büromaterials, wurde jedoch in den letzten zwei Jahren durch den Einsatz von digitalen Bestellmöglichkeiten via Inter- und Intranet stark reduziert. Eine interkommunale Zusammenarbeit zur Reduzierung des Aufwands wurde deshalb für nicht notwendig erachtet.

 

Original (PDF)